Google Glass: +0.5

Mittlerweile dürfte es den meisten wohl bekannt sein, was Google Glass[1, 2] ist. Eine Datenbrille, die sich relativ unbemerkt in den Alltag des_der Tragenden einfügen soll. Darüber sollen Daten empfangen, versendet und auch erzeugt werden. Zu diesem Zweck hat diese Brille eine eingebaute Kamera, ein Mikrophon, einen Lautsprecher und als wichtigstes: das transparente Display. Grundsätzlich ist diese Brille nichts anderes als ein Smartphone. Man kann damit nur nicht telefonieren.

Ein Überblick zur Technik
Die Technik ist überwiegend nicht sonderlich neu. Für die Kommunikation gibt es ein 2.4GHz WLAN-Modul, welches die den Standard 802.11 b/g unterstützt, sowie ein Bluetooth4.0-Modul [3]. Außerdem sind an Bord ein GPS-Modul, Beschleunigungssensor und ein digitaler Kompass [4]. Zur Bedienung ist am Gehäuse ein Touchpad integriert, welches für drei Gesten genutzt wird. Mit einem einfachen tippen kann Google Glass (de-)aktiviert werden oder eine Option gewählt werden. Mit einer Wischbewegung am Gehäuse entlang (nach vorn oder zurück) kann durch die jeweiligen Optionen navigiert werden. Die Bedienung läuft in erster Linie durch diese Gesten ab und es gibt nur wenige Funktionen die durch Sprachkommandos ausgeführt werden. Diese Kommandos beschränken sich auf Suchanfragen, dem Diktieren von Nachrichten oder der Übersetzung von Sprache [5]. Stromversorung läuft über einen Akku, welcher über einen USB-Anschluss aufgeladen werden kann. Über diesen Anschluss ist auch ein Datenaustausch möglich. Also wie bei einem Smartphone auch. Nach vorn gerichtet ist eine kleine Kamera, mit der Videos und Fotos aufgenommen werden können. Diese Kamera wird über ein entsprechendes Sprachkommando[5] aktiviert und hat keine nach außen gerichtete Anzeige, das sie aktiv ist (eine LED z.B.). Beim Mikrophon rechne ich mit einem in der Nähe der Kamera an der Unterseite des Gehäuses montierten. Ähnlich wie die üblichen Mikrophone an Smartphones, müsste man in ein solches nicht direkt hineinsprechen. Der Lautsprecher ist allerdings interessant. Zunächst ging ich davon aus, es handelt sich um einen kleinen Lautsprecher in der Nähe des Ohres des_der Tragenden. Ein Richtig ausgerichteter Lautsprecher würde mit wenig Lautstärke Laute zum Ohr transportieren können. Allerdings handelt es sich dabei um eine geräuschlose Technologie. Nach einem Bericht von bgr.com[3] handelt es sich dabei um eine Technologie, die Geräusche über die Knochen an das Gehör transportiert[6]. Das ist nicht ganz neu und wird z.B. bei bestimmten Hörgeräten eingesetzt [7]. Dabei wird der Schädel des_der Tragenden in Schwingung versetzt. Nur ein wenig. Diese wird dann von Innenohr wahrgenommen und dort in Audio-Signale umgewandelt und an das Gehirn weiter geleitet. Außenstehende können dabei allerhöchstens die Vibration hören. Da diese im Falle von Google Glass allerdings recht gering sein dürfte, sollte das kein Problem sein. Das Display selbst ist auch recht interessant. Dabei handelt es sich um einen kleinen Block transparentem Material. Ich gehe davon aus, es ist eine Form von Plexiglas o.ä. Wenn nun Informationen eingeblendet werden sollen, werden diese von der Seite, vergleichbar mit einem Beamer, in diesen Block projeziert. Das Prinzip entspricht dem eines Head-Up-Display[8].
Google Glass wird immer mit einem Gestell gezeigt. Allerdings gab Google bekannt, das auch für Brillenträger das ganze verwendbar ist [9]. Außerdem hieß es, Google wolle auch eigene Brillen für bereits Brillentragende mit Google Glass herausbringen [10].

Nun ein bischen zur Software. Das Betriebssystem selbst baut auf dem Android-Kernel auf. Damit wird aber lediglich die Hardware angesteuert. Für die Bedienung wurde etwas neues erfunden: die Google Cards. Diese basieren auf HTML und JSON. Die Programmierung dieser Cards ist, so wirkte es zumindest in der Demo, recht einfach und schnell zu erlernen. Grundsätzlich liegen aber erst einmal alle Daten auf Servern von Google. Vorallem die Daten von Applikationen, die man nutzt. Auch ist eine Kommunikation mit dem Internet nur über den Umweg über Google Server möglich. Bei der Demo-Präsentation wurde ein kleines Schema gezeigt, welches den Kommunikationsweg von Google Glass zeigt. Dabei liegt Google immer in der Mitte. Nachfolgend die Präsentation(50:39min, englisch).

Was ist Google Glass also?
Viele denken als erstes wahrscheinlich an „Cyborg“ oder „die Borg“ aus Star Trek. Augmented Reality ist in unserer Gesellschaft noch nicht sehr weit verbreitet. Sie wir in Kampfjets oder in manchen Autos eingesetzt, um Informationen direkt und diskret in das Blickfeld des_der Fahrenden zu projezieren. Mit Google Glass soll das nun zum Alltag werden. Als ich zum ersten Mal davon gehört bzw. davon gelesen habe, war ich sehr begeistert. Endlich könnte ich auf die Uhr sehen ohne meinen Arm bewegen zu müssen. Oder ich könnte mir durch das Navi den weg zeigen lassen, oder mein Handy in der Hand zu halten oder im Auto ein extra Navi an die Scheibe zu kleben. Nützliche Informationen direkt im Blickfeld. Fuck Yeah! Doof natürlich die Sache mit dem Datenschutz und auch die Tatsache, das ich es als störend empfinden würde, würde jemand neben mir im vollen Bus oder so mit seiner Brille sprechen. Zumal ich ein Mensch bin, der ungern in der Öffentlichkeit ausgiebig Telefoniert. Ich schreibe lieber SMS. Im Falle von Google Glass müsste ich aber auch diese sprechen. In diesem Punkt also, für mich, vollkommen Nutzlos. Die Kamera ebenfalls. Zum einen, weil man, wie bereits in der Datenschutzfrage angesprochen, einfach Fotos/Videos machen kann. Auch, wenn man das nicht exakt unbemerkt machen kann, weil man ja das Sprachkommando geben muss. Dennoch ein berechtigter Einwand.
Mir ist bei der ganzen Angelegenheit was ganz anderes in den Kopf gekommen. Schon heute werden wir von Informationsquellen überschüttet. Wir nutzen diese nur rudimentär. Mit Google Glass würde eine neue, immer im Blickfeld präsente, Informationsquelle auftauchen. Dabei erinnerte ich mich an eine Folge von Outer Limits. In einer der Episoden(3×05 – Der Strom) geht es darum, das die Menschheit das menschliche Gehirn mit einer Art Internet, dem sog. „Strom“, vernetzt hat. Alle Menschen haben also direkten Zugriff vom Gehirn auf Informationen. Durch diese Möglichkeit lernen Menschen nicht mehr, sondern rufen lediglich Informationen ab. Im Laufe der Episode führt dies dazu, das einige Menschen verrückt werden und sterben, weil sie vom „Strom“ mit nutzlosen Informationen überschwemmt werden. Das Gehirn kann diese nicht verarbeiten und dreht durch. Am Ende ist es einem jungen Mann, der aufgrund eines bei wenigen Prozent der Menschen auftretenden anatomischen Inkompatibilität nicht am „Strom“ angeschlossen ist, zu verdanken, das der „Strom“ zerstört und die Menschheit gerettet wird. Diese Episode wurde 1997 erstmals in englisch und 1998 erstmals in deutsch ausgestrahlt. Zu dieser Zeit war die kommerzielle, allen zugängliche, Mobiltelefonie noch keine 10 Jahre alt. Auch das Internet gab es zu dieser Zeit erst ein paar Jahre (kommerziell und tendenziell allen zugänglich). Diese Episode von Outer Limits kann also als eine Art Furcht vor der Flut von Informationen verstanden werden. Der heutige „Strom“ ist das Smartphone mit Internet-Flat.

Mein Fazit
Ich für meinen Teil würde mir äußerst gerne Google Glass zulegen. In diesem Falle würde ich allerdings die Kamera sichtbar versperren. Also wenn ich z.B. ein weißes Modell habe, würde ich die Kamera mit einem weißen Stück Plastik o.ä. schlicht verkleben. Zum einen brauche ich die Kamera nicht, da ich ja schon am Smartphone eine habe, und zum anderen fände ich es selbst nicht so geil, von anderen Google Glass Tragenden fotografiert/gefilmt zu werden. Ein anderer Aspekt wäre auch die Überwachung. So eine Kamera kann ja auch durch Repressionsorgane genutzt werden. Das geht vorallem sehr einfach, weil alle Kommunikation über Google Server läuft. Für mich wäre Google Glass also nicht da um Mails zu verschicken oder Fotos/Videos zu machen. Sondern einfach dafür, um fix ein Wort zu übersetzen, das Navi zu nutzen oder Kleinigkeiten zu googlen. Deswegen auch der Titel „+0.5“ als Anlehnung an das „+1“ aus Google+.

Was anderes…
Anstatt sich laut darüber zu Empören, was sich Google denn denkt und dann Verbote zu fordern, würde ich einfach versuchen, mit so vielen Leuten wie Möglich auf Google einzureden. Am Ende ist Google ja daran interessiert, das sich das Produkt an die Kosument_innen richtig. Und wenn diese sich darüber beschweren, das z.B. eine Kamera verbaut ist die nicht abgedeckt werden kann oder so, dann sollte Google ja ein Interesse daran haben, das zu ändern um das Produkt verkaufen zu können. So zumindest meine Logik.


[1] https://plus.google.com/+projectglass/posts
[2] http://www.google.com/glass/start/
[3] http://bgr.com/2013/01/31/google-glass-specs-fcc-filing-313313/
[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Google_Glass
[5] http://en.wikipedia.org/wiki/Google_Glass#Voice_commands
[6] http://www.engadget.com/2013/01/24/google-glass-bone-conduction/
[7] http://de.wikipedia.org/wiki/Knochenleitungshörgerät
[8] http://de.wikipedia.org/wiki/Head-up-Display
[10] Leider Quelle verlegt. Sorry! =/