Anarchistische Plattform in der Partei DIE LINKE

Habt ihr auch schon davon gehört? „Anarchist*innen wollen eigene Plattform in der Linkspartei aufbauen“[1]. Klingt das auch für euch komisch?

Da ich mehr darüber wissen wollte, habe ich mir den Artikel[2] durchgelesen. Der erste Absatz klingt…….

Habt ihr auch schon davon gehört? „Anarchist*innen wollen eigene Plattform in der Linkspartei aufbauen“[1]. Klingt das auch für euch komisch?

Da ich mehr darüber wissen wollte, habe ich mir den Artikel[2] durchgelesen. Der erste Absatz klingt für mich ja noch sinnvoll, obwohl Formulierungen darin enthalten sind, die ich für problematisch halte(z.B. „Normal-Anarchist*innen“ im letzten Satz. Das impliziert, das es auch ‚abnormale‘ Anarchist_innen gibt, was in meinen Augen zu einer Diskriminierung führt.). Als ich dann zum zweiten Absatz kam, habe ich erstmal große Augen bekommen als ich das Wort „Anarchostalinist*innen“ gelesen habe. Rein vom Wortsinn her, macht das für mich nämlich keinen Sinn. Anarchismus und Stalinismus sind für mich zwei entgegengesetzte Standpunkte, die genauso wenig zusammen passen wie beim sog. „Nationalanarchismus“[3]. Meine spätere Recherche hat auch keine Ergebnisse gebracht. Kommen wir aber wieder zurück zum Artikel. Im zweiten Absatz wird davon gesprochen, dass sich Menschen(wahrscheinlich Anarchist_innen) an das Projekt wagen eine anarchistische Plattform(APF) in der Partei DIE LINKE aufzubauen. So besteht schon eine Facebook-Page[4] auf der ein paar Zeilen zum Vorhaben gepostet wurden. Es wurde z.B. eine kurze Selbstdefinition in einem Post[5] formuliert, in der sich die Gruppe als „avandgardistisch“[6] bezeichnet. Im Artikel endet der zweite Absatz, wie ich finde, ziemlich kurios. Es wird von einem „kriminellen Illuminaten-Ordens“ gesprochen, welcher auf die Parteistruktur der Partei DIE LINKE einen immer stärker werdenden Einfluss habe soll. An dieser Stelle kamen mir Verschwörungstheorien in den Sinn, die sich mit der „New World Order“ und ähnlichem beschäftigen und als Schuldige u.a. den Illuminatenorden[7] und/oder „den Juden“ sehen. Beides weder haltbar Begründet noch vertretbar. Der letzte Halbsatz des zweiten Absatzes beinhaltet dann noch beste Erfolgswünsche für eine „entristische Intervention“. Also für die trotzskistische heimliche Unterwanderung der Partei.

Der dritte Absatz beschäftigt sich eher mit der Geschichte von anarchistischen Versuchen einfluss auf Alltagspolitik zu nehmen. Geht aber auch darauf ein, das diese Versuche(hier genannt Gründung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN[8] und „spanischen […] Volksfrontregierung“[9]) aus „anarchostalinistischer Perspektive gescheitert“ seien. Im nächsten Satz wird dann direkt auf die Misserfolge der außerparlamentarischen Versuche hingewiesen. Letztendlich spricht sich dieser Absatz dafür aus, den Versuch zu wagen die Partei DIE LINKE zu reformieren und „zu einer anarchistischen und sozialistischen Massenorganisation zu entwickeln.“[5]. Der vierte und letzte Absatz stellt sich auf die Seite der APF und verspricht bestmögliche Unterstützung „um die Linkspartei vom illuminatischen, reformistischen und sozialdemokratischen Abschaum zu befreien.“.

Fazit:
Ich für meinen Teil finde die pure Idee, als Anarchist_innen in eine Partei zu gehen und auch auf diesem Weg eine Veränderung zu erwirken legitim. Veränderung auf allen Ebenen, mit allen Mitteln! Da gehört nun einmal auch dazu, den Parlamentarismus gegen sich selbst zu verwenden. Das man ihn auf diesem Wege nicht abschaffen kann, liegt dabei klar auf der Hand. Genauso wenig kann man den Kapitalismus abschaffen, indem man Fairtrade-Produkte kauft oder Spenden geht. Allerdings finde ich diese „Anarchistische Plattform in der Linkspartei“[4] wenig zielführend. Es scheint sich hier um eine Gruppe von Menschen zu handeln die, ähnlich wie die SAV(Sozialistische Alternative)[10], in die Partei DIE LINKE einwirken wollen und das auf eine Art und Weise tun könnten, die sektiererisch, elitär und unterm Strich autoritär ist. Alles drei Attribute, die ich dem Stalinismus[11, 12] zuordne. Und das würde dem erklärten Ziel, „gegen den Sozialdemokratismus, Autoritarismus und Postmodernismus in der Partei“[13], vorzugehen in meinen Augen widersprechen. Persönlich denke ich, diese ganze Aktion führt entweder zum entstehen eines weiteren Graben in der Partei DIE LINKE und somit zur weiteren verhärtung der Grabenkämpfe um die ideologische Vorherrschaft oder die APF wird schlichtweg von der Partei ignoriert, weil sie nur aus einer handvoll Menschen besteht.

Mehr zum „Anarchostalinismus“
Meine Google-Suche[14] hat letztendlich nur Ergebnis ausgespuckt, die auf den Blog zurückzuführen sind, auf dem der Artikel[2] zu finden ist. Der Blog wird von einer Gruppe betrieben, die sich „anastalia“ nennt. In ihrem Selbstverständnis[15] beschreiben sie sich als „Anarchostalinistische Fraktion in der BRD.“ und geben an, sich mit der Überwindung von Kapitalismus und Klassenherrschaft zu beschäftigen. Zudem schreiben sie, sie stehen auf „dem Boden des kommunistischen, anarchistischen, leninistischen, bakuninistischen, freudschen, honeckerschen Erbes“. Augenscheinlich versteht sich diese Gruppe als, ich sage mal, Sperrspitze des Kampfes für die Befreiung der Menschheit. Klar, das machen viele, wenn nicht sogar alle, Bewegungen. Selten habe ich jedoch eine solche Bildung eines geschlossenen Zirkels gesehen. Unter dem Selbstverständnis steht ein kurzer Absatz, wie man bei den „Anarchostalinisten“ mitmachen kann. Im Grunde steht dort aber nur: ‚Wir sind definitiv besser als du. Außerdem nehmen wir sowieso niemanden auf‘. Interessant finde ich allerdings auch, das diese Gruppe anscheinend munter zwischen verschiedenen Formen des Genderns wechselt. Und das mitunter in einem Satz. Während für „Anarchostalinist*innen“ der Gender*Star genutzt wird, wird an anderer Stelle das Binnen-I verwendet oder es wird gar nicht gegendert und nur die maskuline und feminine Form hintereinander genannt. Auch kann sich die Gruppe anscheinend nicht für bestimmte Positionen entscheiden. So steht im Selbstverständnis[15], das „die Bekämpfung von sektiererischen Abweichlern wie den Antideutschen“ wichtig sei. Im Artikel „[M31] – Anarchostalinistischer Aufruf“[16] werden sog. „binomische Formeln“ des Aufrufs ausgegeben. Darunter „Antideutsche = gern gesehen“. Während im vorhergehenden Absatz sich noch von „spalterischen und reaktionären Kräften […] (ums ganze, FAU, ARAB, USA)“ abgegrenzt wird.

Verlinkungen:
Nachfolgend eine kurze Liste von Tweets/Facebook-Posts die die APF zum Thema haben:
Das hier ist kein Pranger o.ä. und soll auch nicht als solcher verstanden werden.
Facebook-Page von „Anarchistische Plattform in der Linkspartei“
Facebook-Page von „anastalia“
Facebook-Post zur APF von „Linksjugend [’solid] Baden-Württemberg“
Tweet zum APF-Artikel auf anastalia von @urdenc
Tweet zum APF-Artikel auf anastalia von @RaikWeber
Tweet zur APF-Facebook-Page von @urdenc
Tweet zur APF-Facebook-Page von @g_peepwood
Tweet zur APF-Facebook-Page von @falaflo

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[1]https://twitter.com/#!/urdenc/status/198856094485983233
[2]http://anarchostalinist.wordpress.com/2012/05/05/anarchistinnen-wollen-eigene-plattform-in-der-linkspartei-aufbauen/
[3]http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalanarchismus
[4]https://www.facebook.com/pages/Anarchistische-Plattform-in-der-Linkspartei/377586542292078
[5]https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=377625672288165&id=377586542292078
[6]http://de.wikipedia.org/wiki/Avantgarde
[7]http://de.wikipedia.org/wiki/Illuminatenorden
[8]http://de.wikipedia.org/wiki/Bündnis_90/Die_Grünen
[9]http://de.wikipedia.org/wiki/Volksfront
[10]http://sozialismus.info/
[11]http://de.wikipedia.org/wiki/Stalinismus
[12]http://deu.anarchopedia.org/Stalinismus
[13]https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=378232365560829&id=377586542292078
[14]http://www.google.de/search?source=ig&hl=de&rlz=&q=Stalinismus&oq=Stalinismus…
[15]http://anarchostalinist.wordpress.com/about/
[16]http://anarchostalinist.wordpress.com/2012/03/30/m31-anarchostalinistischer-aufruf/